Im Rampenlicht
Unsere Wege kreuzten sich immer öfter. Entweder auf dem Institutgelände, in der Mensa oder so wie heute bei der Zwanziger Jahre Party. Zur Begrüßung gab sie mir die Hand. „Können Sie tanzen?“, fragte sie. Ich nickte. „Shimmy, Black Bottom, Foxtrott." Während wir tanzten, erzählte sie mir von dem zweiwöchigen Kurs für Sicherheitsbeamte. Den Kursteilnehmern wurde eingebläut, alle vorgefassten Ansichten über das mögliche Aussehen von Spionen und Agenten zu vergessen. "Jeder gilt als verdächtigt, bis seine Unschuld bewiesen war", erklärte sie. Wir keuchten und schwitzten und als ich sie um eine Tanzpause bat, schüttelte sie den Kopf und zog mich auf die Tanzfläche zurück. „Ich muss in jedem Augenblick bei meiner Arbeit als Pförtnerin wachsam sein. Man muss auf die unwahrscheinlichste Möglichkeit vorbereitet sein." Ich nickte zustimmend in ihre Richtung und lockerte den Krawattenknoten. „Ich habe ihre Tagebücher gelesen, Bouché. Die sind wirklich gut. Ich meine, sie schreiben gut und deshalb wird aus uns kein Traumpaar. Wissen Sie, wir können keine Beziehung miteinander führen, wenn wir beide im Rampenlicht stehen“, sagte sie. „Wieso wir beide?“, schrie ich und dachte, sie ist die pure Provokation für jeden Mann. Als wir eng umschlungen tanzten, stellte ich sie mir mit skeptischer Mine als rebellische Poetin vor.
Freni - 31. Jan, 11:16